Gemeinsam gegen den Klimawandel: UBP-group und greenventory

UBP – ein Klimaschutz-Start-up aus Wiesloch

Im März 1994 tritt das «Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen» in Kraft. Es bildet die Grundlage für ein gemeinsames Handeln der Staatengemeinschaft zum Klimaschutz. 1994 gründet Franz Bruckner sein Start-up UBP: Mit Beratungsdienstleistungen im Bereich Umwelt und Energie wird er seinen Teil zum Kampf gegen den Klimawandel beitragen. 1998 folgt der Start mit Energie aus Biomasse. Damals ist das noch ein Nischen-Thema. Heute gibt es kaum Rettung vor Aufträgen: Wärmenetze mit CO2-armer Energieerzeugung sind ein wichtiges Instrument gegen den Klimawandel.

September 2021: Alle hoffen, Corona ist bald vorbei; die Impfkampagne läuft auf vollen Touren und nach einem ersten Anstieg nach den Sommerferien sinken die Fallzahlen wieder. Wir haben das InnoPartner-Projekt im Sommer gestartet. Jetzt beginnt unsere InnoPartner Roadshow durch den Kraichgau mit einer Veranstaltung in Meckesheim. Es ist unser erstes Live-Event seit dem ersten Lockdown. Franz und Beate Bruckner von der UBP-group sind dabei. Unsere Argumentation muss sie überzeugt haben, denn kurz danach bewerben sie sich als zweites Unternehmen für die Teilnahme am InnoPartner-Projekt.

KliKK – Klimatreff Kraichgau Kirchardt

Die UBP muss umziehen, und sie sucht Start-ups als Partner um aus dem Standort viel mehr zu machen, als einen schicken, neuen Unternehmenssitz. Das «KliKK» – der «Klimatreff Kraichgau Kirchheim» ist ein großes Projekt: Begegnungs-, Informations- und Schulungszentrum rund um Klimaschutz und nachhaltiges Energiemanagement. Dazu Co-Working und Co-Living-Bereiche, nachhaltig-regionale Restauration und noch ein Unverpackt-Laden. Und das alles integriert: physisch und virtuell.

Hackschnitzelverarbeitung im Holzhof Eibenstadt; Photo: UBP-group

In der ersten Phase arbeiten wir zusammen daran, das Projekt zu schärfen und strategisch auf die Geschäftsfelder der mittlerweile zur Gruppe gewachsenen UBP auszurichten. Ein Geschäftszweig der UBP ist Energie-Contracting. UBP plant, baut und betreibt Wärmenetze. Nachhaltig wird die Fernwärme durch den Einsatz von Holz- und holzartigen Reststoffen als Brennstoffe. Um die Versorgung sicherzustellen, betreibt die Gruppe ein eigenes Werk, in dem sonst ungenutzte Holzreste zu Hackschnitzeln verarbeitet werden. Kein Baum muss fallen für die Wärme, die die UBP für ihre Kunden produziert.

Mitten in die fortgesetzte Planung platzt die Nachricht des Architekten, dass das Projekt aufgegeben werden muss. Das ausgesuchte Bestandsobjekt ist wegen des Denkmalschutzes nicht im vorgesehenen Finanzrahmen zu sanieren.

Turnaround und Refokussierung

Anstatt das Projekt abzubrechen, suchen wir uns den Teilbereich aus dem ursprünglichen Gesamtprojekt heraus, der für die UBP den aktuell größten kurzfristigen wie strategischen Nutzen verspricht. Mit der Novelle des baden-württembergischen Klimaschutzgesetzes vom Oktober 2021 wird festgeschrieben, dass jede Kommune im Land einen «Wärmeplan» erstellen muss. Ambitioniertes Ziel: Netto-Klimaneutralität im Jahr 2040. Und schon im September war die «Bundesförderung für effiziente Wärmenetze» gestartet. Nachhaltige  Wärmenetze gehören zum Kerngeschäft der UBP.

Heizzentrale mit Holzpellet-Kessel des Nahwärmenetzes der BürgerEnergieGenossenschaft Kraichgau in Mauer; Photo: UBP-group

Der Archimedische Punkt…

Da ansetzen, wo der Hebel am größten ist, bringt die meiste Wirkung. Die Planung und Projektierung von Wärmenetzen ist mühsam. Wo ist der beste Standort für die Heizzentrale? Was ist die optimale Netztopologie? Welche Rohrquerschnitte werden wo benötigt? Dabei ist die technische Planung an und für sich nur ein kleiner Teil. Damit ein Wärmenetz gebaut werden kann, braucht es grünes Licht vom Gemeinderat, ggf. von kommunalen Versorgungsbetrieben und vor allem von den Eigentümern der Gebäude, die in Zukunft mit Fernwärme versorgt werden sollen.  Das heißt, man braucht immer wieder neue Planungsstufen, um die verschiedenen Beteiligten ins Boot zu holen. Und es kommt nicht selten zu Umplanungen, z.B. weil sich der eine oder andere Hausbesitzer umentscheidet. Diesen Prozess «klassisch analog» durchzuführen, ist enorm aufwendig.

…auch bei den Gemeinden

Auch einen Wärmeplan aufzustellen, ist keine triviale Angelegenheit. Zumindest in Deutschland, dem Vorreiterland der analogen Verwaltungsprozesse. Die Fähigkeit, automatisch Daten zu gewinnen und zu einem validen Wärmeplan zu aggregieren, würde den Prozess auch für die Kommunen wesentlich einfach, kostengünstiger und schneller machen. Schneller im Sinne der Energie-Wende.

greenventory – ein Klimaschutz-Start-up aus Freiburg

2019 gründen David Fischer, Sven Killinger und Kai Mainzer greenventory, ein badisches Deep Tech Start-up, Spin-off des Fraunhofer ISE in Freiburg und des KIT. greenventory steht für Transformation gleich im doppelten Sinne: digitale Transformation der Energieplanung auf kommunaler Ebene und Transformation zu einer nachhaltigen kommunalen Energieversorgung. Für ein bestimmtes Gebiet inventarisiert greenventory automatisiert die existierende Energieinfrastruktur auf Gebäudeebene. Dazu wertet die Plattform mehr als 120 verschiedene Datenquellen aus.

Kommunaler Wärmeplan mit der greenventory-Plattform; Photo: greenventory

Mithilfe von KI-basierten Algorithmen und Simulationsmodellen wird dann der Energiebedarf errechnet. Damit ist die Informationsbasis geschaffen, um nachhaltige Versorgungskonzepte zu entwickeln – vom Einzelgebäude bis zum gesamten Stadtgebiet. Zugespitzt formuliert liefert greenventory einen umfassenden Wärmeplan aus einer Plattform.

First Match?

Wir kannten greenventory aus der Teilnahme am Accelerator-Programm der Kollegen vom BadenCampus 2019. Aber war das schon das optimale Match für UBP? «Versuch macht klug!», sagt man zurecht. Es wäre unsinnig, Zeit zu verschwenden, und die einzigen, die letztlich über die gegenseitige Passung entscheiden können, sind Franz und Beate Brucker auf der einen, die Kollegen von greenventory – in diesem Fall Sven Killinger – auf der anderen Seite. Parallel zu unserer weiteren Recherche nach passenden Start-ups organisierten wir ein erstes Treffen bei greenventory im Fraunhofer ISE in Freiburg. Es passte und UBP und greenventory vereinbarten, gemeinsam an einem Wärmenetz-Projekt zu arbeiten, um die Kollaboration und das Produkt im produktiven Einsatz zu erproben. Wenn dieser Testlauf erfolgreich sein würde, könnten sie auch bei der Weiterentwicklung der Software für die Detailplanung von Wärmenetzen zusammenarbeiten.

Wärmeplanung mit der greenventory-Plattform; Bild: greenventory

greenventory und UBP ergänzen sich hervorragend: Zusammen beteiligen sich die beiden Unternehmen an einer Ausschreibung für ein Wärmenetz, das in einer Kleinstadt im Rhein-Neckar-Raum gebaut werden soll. Dabei stellen sie fest, dass die Zusammenarbeit neben der Optimierung der Planungsprozesse weitere Vorteile hat: Dass sie sich gemeinsam auf Projekten bewerben können, die ihnen als einzelne Bewerber verschlossen bleiben würden.

Halt und Neustart

Als UBP und greenventory gemeinsam keinen Zuschlag bekamen, wurde die Kooperation erst einmal in die Warteschleife gestellt. In der Zwischenzeit war der Ukraine-Krieg ausgebrochen. Während in Berlin an Lösungen für die «Gaskrise» gebaut wurde, stieg die Anfrage nach eben nicht mit Gas, sondern mit erneuerbaren Energieträgern betriebenen Wärmequellen enorm. UBP ging im Tagesgeschäft fast unter, und auch greenventory hatte mit der Auftragslage mehr als alle Hände voll zu tun. Die Zusammenarbeit wurde «on hold» gestellt

Der Fachkräftemangel wirkt sich in solchen Situationen besonders negativ aus. Denn er führt nicht nur dazu, dass Unternehmen mögliches Geschäft entgeht. Er sorgt auch dafür, dass in Zeiten wie diesen, in Zeiten der Transformation dringend notwendige Entwicklungs- und Veränderungsprozesse gar nicht oder nur sehr langsam vorangehen.

Aber es gibt einen neuen Anlauf. In der Zwischenzeit haben die UBP und greenventory bei ihrer zweiten gemeinsamen Bewerbung einen Auftrag bekommen! Wir halten Sie hier auf dem Laufenden, wie es weitergeht.

Peter Gräser
Peter Gräser
Head of Corporate Innovation / InnoWerft