Neues Produkt, neuer Markt, neue Hoffnung: Vom Autozulieferer zum Fitnesshersteller
Sie glänzen, sind nur wenige Millimeter groß, rund und aus hochwertigem Stahl. Nur ein Abfallprodukt der Herstellung von Auspuffteilen? Viel mehr als das: “Ich dachte mir, es muss doch eine bessere Verwendungsmöglichkeit für diese Teilchen geben, als sie an den Schrotthändler zu verkaufen”, sagt Jörg Frey, Werkstattleiter bei NSG Nakagawa + Sauer & Co. GmbH. Er hatte die Idee, die kleinen Plättchen zu recyceln – und seinem Unternehmen einen ganz neuen Markt zu erschließen. Frey, selbst begeisterter Kraftsportler, kam schon vor Jahren auf den Gedanken, diese Teilchen in kleinen Päckchen in einen Nylonschlauch einzunähen. Somit entstand ein Gewichtsgurt, den er statt der üblichen klobigen und lauten Gewichtketten beim Krafttraining, unter anderem an der Langhantel, einsetzen konnte.
Als die NSG mit Sitz in Helmstadt-Bargen ein weiteres Standbein suchte, schlug Frey vor, seine Gewichtsketten zu vermarkten. “Wir waren alle begeistert von der Idee”, erinnert sich Susanne Schuster, die kaufmännische Leiterin der Firma. “Eigentlich sind wir ein Automobilzulieferer für Auspuffteile, aber mit dem bevorstehenden Ende der Verbrennungsmotoren sind wir gezwungen, uns neu zu orientieren.”
“Die Idee war geboren, aber wir hatten keine Ahnung, wie wir sie umsetzen sollten”, beschreibt Frank Becker, Geschäftsführer des Unternehmens, die Herausforderung, vor der die Firma stand. “Doch wir hatten Glück, dass wir gerade zu diesem Zeitpunkt eine Förderung vom Rhein-Neckar-Kreis im Rahmen der InnovationsPartnerschaften erhielten.” Schuster ergänzt: “Dass wir von diesem Programm gehört und uns dafür beworben haben, verdanken wir dem Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis und insbesondere Julia Sliwinski von der Stabsstelle Wirtschaftsförderung. Frau Sliwinski unterstützte uns von Anfang an und steht uns auch weiterhin regelmäßig mit Rat und Tat zur Seite.”
Dabei verlief der Prozess nicht immer ganz geradlinig: “Eigentlich hatten wir geplant, innerhalb dieser InnvovationsPartnerschaft als mittelständisches Unternehmen eine Entwicklungspartnerschaft mit einem Start-up einzugehen, aber plötzlich sahen wir uns selbst als Start-up”, sagt Frank Becker. “Das war jedoch kein Problem, denn zum Glück ist das Programm sehr flexibel ausgestaltet.” Unterstützung erhielt die Firma dabei von der Stiftung innoWerft, einem Technologie- und Gründerzentrum aus Walldorf, das integraler Bestandteil der InnovationsPartnerschaften ist.
Peter Gräser, Head of Corporate Innovation der innoWerft, nahm die NSG unter seine Fittiche und erläuterte den Führungskräften des Unternehmens, wie aus einer guten Idee ein marktfähiges Produkt wird. “Dank Peter Gräser haben wir eine steile Lernkurve hinter uns”, lobt Michael Eckstein, Qualitätsmanager und Verantwortlicher für Produktentwicklungen bei NSG. “Als nachgelagerter Zulieferbetrieb im Automobilsektor haben wir bisher allenfalls Verbesserungen an bestehenden Bauteilen angestoßen, jedoch nie Produktneuentwicklungen auf den Markt gebracht”, erläutert Ecksteins Kollege, der Produktionsleiter Stefan Bührer. Bührer führt weiter aus, warum die InnovationsPartnerschaften so wichtig für den kleinen Mittelständler sind: “Herr Gräser hat uns nicht nur das ABC des Marketings beigebracht, sondern auch Kontakte zu anderen Unternehmen und Start-ups aus dem Rhein-Neckar-Raum vermittelt und uns dort Türen und Tore geöffnet.”
Das Fazit von Geschäftsführer Frank Becker ist eindeutig: “Anfangs war ich etwas skeptisch, was uns die InnovationsPartnerschaften bringen. Aber mittlerweile bin ich vom Nutzen überzeugt und von der hohen Fachkompetenz der innoWerft begeistert. Das sind Leute mit einem unglaublichen Netzwerk und Erfahrung. Ich bin mir sicher, dass wir es ohne die Unterstützung durch das Landratsamt des Rhein-Necker-Kreises und die InnovationsPartnerschaften nicht geschafft hätten, diese Idee innerhalb weniger Monate zur Marktreife zu führen.”
Stolz erzählt Becker, dass NSG mit seinem neuen Produkt auf großes Interesse stößt: Sowohl in der Physiotherapie als auch in Fitnessstudios wird sogenanntes progressives Training immer wichtiger. Beim progressiven Training wächst die Belastung, je weiter die am Ende der Hantelstange befestigten Gewichte vom Boden angehoben werden. Dadurch wird ein besserer Trainingsreiz gesetzt und die Gelenke werden entlastet, da während der größten Flexion das Gewicht am geringsten ist.
Die NSG GmbH betreibt inzwischen für das neue Produkt einen eigenen Webshop (www.heavypack.de) und hat zahlreiche Kontakte zur Fitnessbranche geknüpft. Aufbauend auf dem Erfolg der Gewichtsgurte hat die NSG mittlerweile noch einige andere Ideen, wie die erfolgreiche Transformation vom reinen Automobilzulieferer zu einem Unternehmen mit einem breiteren Produkt-Portfolio gelingen kann. Die Zuversicht, auch diese Ideen in die Tat umsetzen zu können, kommt nicht von ungefähr, sagt Becker: “Sie ist das Ergebnis der Erfahrungen mit den InnovationsPartnerschaften.”